Wozu Regeln?
 

 

"Wozu Regeln?" - der Titel mag mal erst seltsam klingen. Regeln - und ihr Befolgen - ermöglichen schließlich ein funktionierendes Zusammenleben. Das weiß doch jedes Kind, möchte man meinen. Warum aber mehren sich dann in den letzten Jahren die Beschwerden und Hilferufe genervter Grundschullehrer? Sie berichten von Schülern und Schülerinnen, die im Klassenraum und auf dem Schulhof ihre "Interessen" durchsetzen wollen. Auf Grenzen, die man ihnen im Rahmen von Regeln setzt, reagieren sie häufig mit Wut, Trotz und Aggression. Es scheint, dass sie ein "Nein" nicht akzeptieren.

Der Schweizer Entwicklungspsychologe Jean Piaget führte die Geltung und Befolgung von Regeln auf das Problem der Achtung vor der Gruppe und die Achtung vor sich selbst zurück. Wenn man dieser Meinung folgt, stellt sich die Frage, warum offenbar heute Kinder vermehrt diese Achtung nicht mehr empfinden. Überlegungen über mögliche Ursachen ihres Verhaltens werden mit Hilfe dieser DVD auf beiden Seiten angestoßen: Lehrkräften hilft dabei fundiertes, von einer Grundschullehrerin entwickeltes Arbeitsmaterial. Die Kinder sollen durch die Filmmodule angeregt werden, eigenes Verhalten und/oder das von Freunden und Klassenkameraden wiederzuerkennen und zu hinterfragen.

Bei mehreren Testeinsätzen in den 3. und 4. Klassen einer Grundschule wurde Folgendes offensichtlich: Die in den Filmen (Realfilm und Zeichentrickfilm) gezeigten Szenen von Regelbrüchen rufen bei Kindern starke Reaktionen hervor. Sie erinnern sich sowohl an Situationen, in denen entweder sie selbst oder andere Regeln nicht eingehalten haben, als auch an Erlebnisse, in denen sie oder andere durch das Nicht-Einhalten von Regeln Schaden genommen haben.

Die dargestellten Spielcharaktere erlauben den Kindern Identifikation oder Abgrenzung. Sie finden keinen drohenden Zeigefinger oder moralisierende "dos and don'ts". Die Kinder - das war eine der überraschenden Einsichten aus den Testeinsätzen - erkennen Regelverstöße genau so sicher, wie sie die Regel nennen können, die nicht eingehalten wurde.

Die DVD ermöglicht Lehrkräften, die Erfahrungen, Erinnerungen, Phantasie und das Wissen der Kinder in den Mittelpunkt zu stellen. In der Auseinandersetzung mit dem Gesehenen entwickeln sie eigene Ansätze beim Finden von Antworten auf die Frage "Wozu Regeln?"

Die Themen im Einzelnen:
1. Sachbeschädigung
2. Hygiene
3. Regelbruch?

Die 10 Filmmodule haben eine Gesamtlänge von 28 Min. Die DVD wurde für den Einsatz an der Grundschule entwickelt, sie gibt den Lehrkräften zusätzlich umfangreiches Arbeitsmaterial an die Hand


 

Zwei Kinder klettern über einen Zaun in einen fremden Garten. Als dort ein Ball auf der Wiese liegt, schießt der Junge damit gegen ein Fahrrad. Das fällt auf Blumentöpfe, die in Scherben gehen. Die Kinder suchen das Weite. Soweit nichts Überraschendes. Überraschend sind die Reaktionen von Kindern auf dieses Filmmodul, z.B. ihre Überlegungen zu möglichen "Motiven" der beiden Regelbrecher.


Drei Kinder auf dem Heimweg. Sie schießen ein paar Mal heftig gegen ein Garagentor. Als sie von einer Anwohnerin vertrieben werden, zerkratzt einer von ihnen den Lack des im Hof stehenden Autos. Eine weitere Dimension entsteht nun, als klar wird, dass das Auto einer unbeteiligten Frau gehört, und der Verdacht auf ihre Freundin fällt, die sich das Auto geliehen hatte...

 

"Regeln regeln Grenzen und Grenzen grenzen Freiheiten ein": In einem Zeichentrick-Modul klebt ein Schüler ein Kaugummi unter seinen Stuhl. Zu Beginn der nächsten Stunde fasst ein anderer in die feuchte Masse. In dieser simplen Geschichte erkennen eigentlich alle Kinder sich wieder, entweder als der eine oder der andere Charakter.
 


 

Die Zeichentrick-Module bringen alltägliche Regelbrüche im wahrsten Sinne "ohne große Worte" auf den Punkt. Auch die "Jungstoilette in der Schule" bebildert die Goldene Regel "Was du nicht willst, das man dir tu', das füg' auch keinem anderen zu". Nur einer verhält sich korrekt - dass es gerade der coolste Typ ist, fördert seine Chancen, zum Sympathieträger zu werden.


Ein weiteres Beispiel für die vielen Diskussionsansätze, welche die Module liefern: Ein Mädchen steht im Bus. Sein angestauter Niesdruck entlädt sich in einer gewaltigen Fontäne. Dumm, dass Pepe das ganze Zeug abkriegt und am nächsten Tag erkältet im Bett liegt. Aber warum hat Sophie nicht die Hand vor den Mund genommen? Weil sie beide Hände voll hatte, weil sie Pepe ärgern wollte, weil sie es nicht besser wusste, weil...???
 


  Und dann gibt es Regeln, die man - zumindest manchmal - zu Recht als doof bezeichnen darf, und die man nicht einhalten muss. Also z.B. die Regel, "In der Clique macht man das, was alle machen."
Wenn aber das eigene Gefühl einem sagt, "Nein, da willst du nicht mitmachen", dann darf man diese Regel guten Gewissens in diesem Augenblick außer Kraft setzen.

Ein entschiedenes "Nein" auch Erwachsenen entgegenschleudern zu dürfen, ja, zu müssen, thematisiert das Modul "Der fremde Mann". Auch für dieses - im Unterricht nicht leicht zu behandelnde Thema - stehen Arbeitsvorschläge im ROM-Teil zur Verfügung.